In Between (About)

Als Künstler haben mich schon immer sinnliche Begegnungen zwischen zwei Frauen interessiert. Nicht als Voyeur, nicht aus sexuellen Gründen, sondern als stiller Beobachter einer Dynamik, die in ihrer Feinheit, Tiefe und Selbstverständlichkeit einzigartig ist. Frauen bewegen sich anders durch die Welt – weicher in ihren Gesten, aufmerksamer für Zwischentöne, fließender in ihrer Nähe. Und wenn sie sich einander zuwenden, entsteht etwas, das gleichzeitig selbstverständlich und unergründlich ist.

Ich betrete den Raum als stiller Zeuge. Zwei Protagonistinnen, ein geschlossener Raum und Momente, die nur ihnen gehören. Manche begegnen sich zum ersten Mal, tasten sich vorsichtig heran, erkunden die Grenze zwischen Fremdheit und Nähe. Andere kennen sich länger und bringen eine Geschichte in jede Berührung. Doch hier, in diesem Raum, zählen weder Vergangenheit noch Zukunft. Nur das Jetzt.

Ich bin anwesend, aber nicht präsent. Meine Kamera ist ein Auge, das sieht, ohne einzugreifen. Ich dokumentiere, aber ich leite nicht. Keine Anweisungen, keine Inszenierung – nur das, was sich von selbst entfaltet. Ich halte nicht den Akt fest, sondern das Innehalten vor einer Berührung, das Zögern, das stille Entstehen von Intimität.

Intimität ist keine Pose. Sie lässt sich nicht kalkulieren, nicht planen. Sie kann scheu sein oder fordernd, flüchtig oder tief. Aber sie ist immer echt. Ich bin nicht hier, um sie zu erzeugen – sondern um sie sichtbar zu machen, ohne sie zu stören.

Schwarz-Weiß ist keine Stilfrage, sondern eine Notwendigkeit. Ohne Farbe bleibt nur das Wesentliche: Licht und Schatten, Haut und Raum, die feinen Nuancen zwischen Distanz und Annäherung. Farbe würde definieren, den Moment festlegen, ihm eine Richtung geben. Doch Intimität braucht keine Richtung. Sie ist flüchtig, vielschichtig, nicht festzuhalten.

Jede Begegnung ist anders. Manche beginnen mit einem Blick, einer vorsichtigen Bewegung. Andere fließen wie von selbst, als erinnerten sie sich an etwas, das längst da war. Manche sind leise, tastend – eine stille Erkundung. Andere sind direkt, intensiv, als gäbe es nichts zu verlieren.

Und einige bringen das Spiel mit Fesselung ins Bild. Nicht als Akt der Kontrolle, sondern als Form der Vertiefung. Ein Band aus Stoff, ein Seil, ein Moment gespannter Stille zwischen Hingabe und Vertrauen. Bondage bedeutet nicht Einschränkung – es bedeutet Aufmerksamkeit. Der Körper wird zur Fläche, das Zusammenspiel zur Sprache. Es ist ein Paradox der Freiheit: In der Bewegungslosigkeit wird das Empfinden manchmal umso größer.

Frauen begegnen sich anders als Männer. Sie suchen keine Rollen, sondern ein Gleichgewicht. Sie lesen sich, reagieren auf Nuancen, lassen Raum. Ihre Nähe ist kein Schauspiel, sondern ein stilles Verstehen. Und genau diese Augenblicke interessiert mich – das Ungesagte, das, was in der Luft liegt, bevor etwas geschieht.

Und dann – irgendwann – ist es vorbei. Manchmal langsam, mit einem letzten Blick, einem Nachklang in den Bewegungen. Manchmal plötzlich, ein Schnitt zurück in die Wirklichkeit. Der Raum leert sich, die Tür schließt sich. Die Protagonistinnen gehen als Fremde – oder als etwas anderes, das sich nicht benennen lässt.

Was bleibt? Ein zerwühltes Laken, ein Abdruck eines Seils auf der Haut, das längst gelöst wurde. Das Echo eines Moments, der gerade noch da war. Meine Bilder geben keine Antworten. Sie stellen Fragen. Sie erzählen nichts, sie lassen Raum. Sie sind keine voyeuristische Geste, sondern der Versuch, das Unsichtbare sichtbar zu machen – das, was man nicht benennen kann, nur spüren.

Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich festhalte, was geschieht – oder ob ich nur versuche, die Zwischenräume sichtbar zu machen.       Die Stille, die Sekunden vor dem, was sich entfaltet.

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